Vigier ECOVISION
Vigier Holding 12.01.2025

Wie Vigier die Dekarbonisierung vorantreibt

Nachhaltigkeit

Bis 2050 soll die Geschäftstätigkeit von Vigier klimaneutral sein. Um die Zement- und Betonproduktion zu dekarbonisieren, setzt das Unternehmen auf ständige Innovation – mit grossem Erfolg, wie die neusten Betonsorten mit dem Namen ECOVISION zeigen.

Die grösste Herausforderung auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel stellt sich für Vigier bei der Zementproduktion. Bei der Umwandlung des Rohmaterials Kalkstein in Zementklinker entweicht Kohlendioxid. Der Vorgang bei einer Temperatur von 1450°C erfordert den Einsatz von grossen Mengen Brennstoff. Früher waren das vor allem Kohle und Schweröl. Seit einigen Jahren ersetzen die Zementhersteller diese fossilen immer mehr durch alternative Brennstoffe. Vigier ist hier führend und verwendet schon seit vielen Jahren praktisch nur noch Sekundärbrennstoffe. 2023 belief sich ihr Anteil auf 98,6 Prozent, während der Durchschnitt aller Schweizer Zementwerke bei 68 Prozent liegt (2022).

Sekundärbrennstoffe sind nicht verwertbare Reststoffe und Abfälle wie getrockneter Klärschlamm, Altholz, Tiermehl, Altöle und Lösungsmittel. Sie werden vom Unternehmensbereich Altola beschafft und aufbereitet. Für Olivier Barbery, COO von Vigier und Direktor der Zementfabrik in Péry, ein Glücksfall: «Unsere Vorgänger haben vor 50 Jahren sehr vorausschauend gehandelt, als sie auf Sekundärbrennstoffe für die Zementproduktion setzten.» Über 40 Prozent der Sekundärbrennstoffe sind biogenen Ursprungs, vor allem Holzabfälle. Ihre Verbrennung ist klimaneutral. Der Rest stammt aus fossilen Quellen, die ohnehin verbrannt werden müssten. Ihre CO₂-Emissionen belasten daher die Netto-Klimabilanz der Zementproduktion nicht negativ.

Vigier Betonmischer

Dekarbonisierung: Auch die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte trägt dazu bei. Hier ein E-Betonmischer.

Hauptverantwortlich für die CO₂-Emissionen des Zements ist nicht der hohe Energiebedarf, sondern ein chemischer Prozess bei der Klinkerherstellung: Im Ofen des Zementwerks verwandelt sich das Calciumcarbonat des Kalksteins in Calciumoxid. Dabei spaltet sich Kohlendioxid ab und entweicht in die Atmosphäre. Dieses CO₂ wurde vor Jahrmillionen in Sedimenten im Meer gebunden. Der Vorgang senkte damals die Temperatur in der Atmosphäre. Heute trägt die Freisetzung des CO₂ bei der Zementherstellung dazu bei, dass sich das Klima wieder erwärmt.

Je weniger Zementklinker, desto weniger CO₂-Emissionen: Zemente mit einem Klinkeranteil nahe an 100 Prozent (CEM I) werden heute immer weniger eingesetzt. Bei Vigier ist ihr Anteil an der Gesamtproduktion von knapp 70 Prozent im Jahr 1997 auf rund 3 Prozent (2023) geschrumpft. Entsprechend zugenommen hat der Anteil der CEM II-Zemente, bei denen ein Teil des Klinkers durch mineralische Zusatzstoffe (zum Beispiel Kalksteinmehl oder Schlacken) ersetzt wird. Der neuste Zement von Vigier (CEM Progresso) enthält nur noch 60 Prozent Klinker. Für Olivier Barbery geht die Entwicklung weiter: «In den nächsten Jahren werden wir Zemente mit nur noch 50 Prozent Klinker entwickeln und den durchschnittlichen Klinkergehalt des ganzen Sortiments von heute74 Prozent auf 65 Prozent im Jahr 2030 senken. Später sogar auf 60 Prozent.»

Reduktion um 50 Prozent

Der spezifische CO₂-Fussabdruck der Zemente von Vigier hat sich seit 1990 halbiert und wird weiter sinken. Die grossen Fortschritte verbessern auch die Klimabilanz des Baustoffs Beton, aus dem letztlich Häuser, Brücken und Tunnels entstehen. Besonders nachhaltigen Beton bietet das Unternehmen seit Anfang 2024 unter der Dachmarke ECOVISION an. Es sind Sorten mit deutlich reduzierter CO₂-Belastung (siehe Kasten ECOVISION). Für Olivier Barbery ist der neue Marktauftritt ein wichtiger Schritt: «In Bezug auf die CO₂-Reduktion sind wir der Konkurrenz um Jahre voraus. Die zertifizierten Betonsorten des neuen Labels sind der Beweis, dass es möglich ist, mit weniger CO₂-Belastung zu bauen.» Er betont, dass viele Bauherrschaften die Möglichkeiten noch nicht kennen, die ihnen der Beton der neusten Generation biete. Vigier müsse dieses Potenzial jetzt bekannt machen und Überzeugungsarbeit leisten. Doch der Bausektor ist konservativ – warum sollte man auf den traditionellen, verlässlichen und günstigen Portland-Zement verzichten und etwas Neues probieren? «Umweltfreundliches Verhalten lohnt sich finanziell noch nicht», bedauert Olivier Barbery, «doch das wird sich ändern, wenn die Preise für Energie und für Emissionszertifikate weiter steigen. Das Bedürfnis, klimafreundlich zu bauen, nimmt zu.»

Und wie steht es mit Carbon Capture, Utilisation and Storage (CCUS), der Zukunftstechnologie zum Auffangen und Tiefenlagern von unvermeidlichen CO₂-Emissionen? Der Direktor der Zementfabrik in Péry warnt davor, abzuwarten, bis CCUS alle Probleme löse: «Wir arbeiten wie alle Zementhersteller daran, aber es dauert sicher noch 10 bis 15 Jahre, bis solche Anlagen in Betrieb sind.» Die Frage, wie das aufgefangene CO₂ transportiert und wo es eingelagert werden kann, sei in der Schweiz noch nicht beantwortet. Im europäischen Ausland gehe die Entwicklung schneller voran. Dort erhielten Zementhersteller staatliche finanzielle Unterstützung, um die Einführung der CCUS-Technologie zu beschleunigen. «In der Schweiz dauert alles ein bisschen länger. Deshalb hat Vigier schon immer gehandelt, anstatt die Hoffnung auf die Zukunft zu setzen. Jemand muss anfangen!»

Die «5c» für weniger CO₂

Gebäude gehören zu den grössten Verursachern von CO₂-Emissionen. Ein wesentlicher Teil geht auf das Konto von Zement und Beton. Um klimaneutral zu werden, sind Massnahmen auf verschiedenen Ebenen notwendig. Sie werden unter dem Begriff «5c approach» zusammengefasst:

  • Klinker (clinker): Kalkstein durch alternative Stoffe wie Papierasche, Filterkuchen oder kontaminiertes Erdreich ersetzen; Einsatz von Sekundärbrennstoffen; CO₂ auffangen und weiterverwenden oder dauerhaft einlagern (CCUS).
  • Zement (cement): den Klinkeranteil im Zement reduzieren; Klinker durch mineralische Zusatzstoffe wie Rohkalkstein, Beton-Feinfraktion oder Schlacke ersetzen.
  • Beton (concrete): den Zementanteil im Beton reduzieren.
  • Karbonatisierung (carbonation): gebrochenen Abbruchbeton mit CO₂ anreichern und als Kiesersatz verwenden.
  • Bauwesen (construction): Konstruktionsprinzipien und Baumethoden anwenden, die den Material- und den Energiebedarf reduzieren; langlebige Objekte bauen und Betonelemente mehrfach verwenden.

CO₂-Speicherung im Beton

Auch bei der noch jungen Technologie der künstlichen Karbonatisierung hat Vigier früh gehandelt: Im Sommer 2023 nahm Vigier Beton unter dem Namen «VACarbo» gemeinsam mit dem Abbruchrecycling- und Betonproduktionsunternehmen alluvia AG und Neustark in Biberist die bisher grösste Anlage zur Speicherung von CO₂ in Abbruchbeton in Betrieb. Dabei wird dem Betonabbruch abgeschiedenes CO₂ eingeimpft. Das Verfahren wurde vom ETH-Spin-off Neustark entwickelt und erlaubt es, pro Tonne Abbruchbeton rund 10 kg CO₂ dauerhaft zu speichern.

VACarbo in Biberist

«VACarbo» in Biberist: Mit dem Neustark-Verfahren schliesst Vigier hier das Klimagas CO₂ dauerhaft im Beton ein.

Die Elektrifizierung unterstützen

Vigier dekarbonisiert nicht nur sich selbst, sondern unterstützt auch die Wirtschaft und die Gesellschaft dabei, klimaneutral zu werden. Etwa beim Verkehr: Als einziger Schweizer Produzent von Betonschwellen stellt Vigier Rail wichtige Komponenten für den Schienenverkehr her (siehe Interview, Seite 12). Ein gut funktionierendes Schienennetz ist Voraussetzung für ein attraktives ÖV-Angebot. Letzteres ist wichtig, um die Klimaziele zu erreichen, denn die Bahn schneidet punkto CO₂-Emissionen sowie Energie- und Ressourceneffizienz deutlich besser ab als der Strassenverkehr.

Beim Auto vollzieht sich mit der Elektrifizierung gerade eine Entwicklung, die andere Bereiche schon lange erfasst hat. Für das Klima ist das eine gute Nachricht, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen stammt. Eine Herausforderung bleibt der Umgang mit ausgedienten elektrischen Geräten. Als Partner von Swico Recycling und der Stiftung Sens eRecycling nimmt Altola ausgediente Geräte entgegen und verwertet sie. 2023 wurde am Hauptsitz in Olten eine Anlage zur mechanischen Verarbeitung von Elektroschrott in Betrieb genommen. Sie trennt metallische von nichtmetallischen sowie recycelbare von nicht weiter verwendbaren Kunststoffen. Letztere dienen als Brennstoff, während recycelbare Kunststoffe und (Edel-)Metalle in den Stoffkreislauf zurückgelangen.

Altola ist auch an der Entsorgung und Verwertung von Antriebsbatterien beteiligt. Das Unternehmen holt sie in den Garagen ab und lagert, verpackt und transportiert sie unter Einhaltung hoher Sicherheitsstandards. Die weitere Verarbeitung wird von spezialisierten Unternehmen durchgeführt. «Für uns als Recycling-Unternehmen gewinnen Traktionsbatterien mit der fortschreitenden Elektrifizierung der Mobilität an Bedeutung», sagt Thaddäus Steinmann, Leiter feste alternative Brennstoffe und Elektro- und Elektronikschrott bei Altola. Dafür werde die Menge ausgedienter Bleibatterien sowie von Motorenöl und Schmiermitteln zurückgehen, wenn Autos mit Verbrennungsmotor seltener werden. Entscheidend sei, dass sich Altola als Teil der Wertschöpfungskette rechtzeitig auf sich verändernde Abfallströme einstelle: «Heute sind Lithium-Ionen-Batterien der Standard in E-Autos. Ihre Inhaltsstoffe verändern sich aber, und in Zukunft könnten sie von Feststoffbatterien verdrängt werden.» Sicher ist, dass die E-Mobilität nur umweltverträglich sein kann, wenn ihre Abfallprodukte fachgerecht wiederaufbereitet werden.

Reduktion der CO₂-Belastung

Die Betonsorten des Labels ECOVISION reduzieren die CO₂-Belastung im Vergleich zu durchschnittlichem Schweizer Beton für vergleichbare Anwendungen um folgende Werte.

vigier-ecovision.ch
Ecovision Grafik

Ein bedeutendes Vorzeigeprojekt

Mit dem Bauprojekt Neuhuus demonstrieren alluvia und Vigier eindrucksvoll, wie durch den Einsatz modernster Technologien und nachhaltiger Materialien nicht nur hochwertige Bauwerke entstehen, sondern gleichzeitig auch der Umwelt Rechnung getragen wird. Für Planer, Architekten, Bauherren und die Öffentlichkeit setzt Neuhuus ein starkes Zeichen für die Zukunft des Bauens.